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| November 5, 2018

Teilnahme an der Krankengeldversicherung beim vertraglichen und beim ausländischen Arbeitnehmer

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Die Auslegung der einzelnen rechtlichen Begriffe im Bereich Versicherung oder Steuern ist in manchen Fällen nicht eindeutig, und in der Praxis können steuerliche Pflichten oder Verpflichtungen, die mit dem Abzug der Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge zusammenhängen, unterschiedlich beurteilt werden. Es ist etwas fragwürdig, ob eine andere Auslegung seitens der Gebührenpflichtigen eine zweckmäßige Verschleierung des wirklichen Zustandes oder nur eine bloße Unkenntnis im guten Glauben ist. Der genaue Wortlaut und die genaue Bedeutung der Begriffe werden oft erst in dem endgültigen Urteil im Gerichtsverfahren bestimmt, und dies wird anschließend maßgeblich für weitere ähnlich gelegene Fälle sein.

Mit einem ähnlichen Fall hat sich auch das Bezirksgericht in Hradec Králové befasst, wobei der Streitgegenstand unterschiedliche Meinungen der Verwaltungsbehörde und des Gebührenpflichtigen im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Nicht-)Teilnahme der Arbeitnehmer am tschechischen System der Sozialversicherung. Der Streit bezog sich auf die Überlegung, ob die Beziehung zwischen einer Gesellschaft (als Klägerin) und den Arbeitnehmern, die bei ihr in der Tschechischen Republik eine Tätigkeit ausgeübt haben, unter die Beziehung „Arbeitgeber und vertraglicher Arbeitnehmer“, so wie diese Begriffe im Krankengeldversicherungsgesetz definiert werden, eingeordnet werden müssen oder ob sie die Definitionen eines ausländischen Arbeitnehmers und Arbeitgebers erfüllt.

Der Fall betraf zehn Arbeitnehmer, die in der Vergangenheit in einer tschechischen Gesellschaft (bei der Klägerin) in Hradec Králové auf Positionen im Management tätig waren und ab einem bestimmten Tag, ohne dass sich deren Arbeitsposition oder -Inhalt wesentlich geändert hätte, Arbeitnehmer einer ausländischen Gesellschaft mit Sitz im „nicht vertraglichen Ausland“ - auf der Insel Jersey - geworden sind. Die ausländische Gesellschaft hat mit der Klägerin gleichzeitig einen Vertrag über Managementleistungen abgeschlossen. Die Arbeitsverträge, auf deren Grundlage die Arbeitnehmer zur Ausübung der Arbeit in die Tschechische Republik entsandt waren, wurden gemäß dem tschechischen Arbeitsgesetzbuch abgeschlossen. Die Arbeitnehmer waren weiterhin in der Organisationsstruktur der tschechischen Gesellschaft eingeordnet und wurden vom Leiter der tschechischen Gesellschaft (Klägerin) geleitet. Einige der Arbeitnehmer waren in der tschechischen Gesellschaft sogar als Mitglieder des satzungsmäßigen (gesetzlichen) Organs tätig.

Zur Klärung des Falles darf auch nicht übergangen werden, dass die Arbeitnehmer bis auf eine Ausnahmen Staatsbürger der Tschechischen Republik mit einem dauerhaften Aufenthalt auf dem Gebiet der Tschechischen Republik waren; die ausländische Gesellschaft wurde wahrscheinlich mehr oder weniger künstlich mit dem Kapital in Höhe von 1 Euro gegründet. In den Jahren 2016 bzw. 2017 haben die Arbeitnehmer wieder Arbeitsverträge mit der tschechischen Gesellschaft (Klägerin) abgeschlossen. Auch diese Sachverhalte zeigen den wirklichen Stand der Angelegenheit, und als Ganzes haben sie einen Einfluss auf die Entscheidung des Bezirksgerichts.

Gemäß dem Gesetz über die Krankengeldversicherung wird unter einem sog. vertraglichen Arbeitnehmer „ein Arbeitnehmer eines Arbeitgebers verstanden, der seinen Sitz auf dem Gebiet des Staates hat, mit dem die Tschechische Republik kein internationales Abkommen über die Sozialversicherung abgeschlossen hat, wenn er in der Tschechischen Republik bei einem vertraglichen Arbeitgeber tätig ist.“ Im Falle der Beschäftigung der vertraglichen Arbeitnehmer ist der vertragliche Arbeitgeber verpflichtet, für diese Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Wenn jedoch die Ausübung der Arbeitstätigkeit des Arbeitnehmers, der auf dem Gebiet der Tschechischen Republik tätig ist, zugunsten eines ausländischen Arbeitgebers war, handelt es sich um einen sog. ausländischen Arbeitnehmer, bei dem die Teilnahme an der Versicherung freiwillig ist, d.h. es ist der Entscheidung des Arbeitnehmers überlassen, ob er an der Versicherung interessiert ist oder nicht.

In dem Streit war insbesondere die Auslegung des Begriffs „bei einem vertraglichen Arbeitgeber“ wesentlich, der seitens der ČSSZ (tsch.: Tschechische Renten- und Sozialversicherungsanstalt) als ein Kriterium des Ortes verstanden wurde. Auf der Grundlage der physischen Präsenz des Arbeitnehmers bei einem anderen Arbeitgeber in der Tschechischen Republik hat die ČSSZ die genannten Arbeitnehmer als vertragliche Arbeitnehmer beurteilt, und sie hat davon deren obligatorische Teilnahme an der Krankengeldversicherung in der Tschechischen Republik abgeleitet.

Die Klägerin hat das Argument der Analogie der Definition der sog. internationalen Vermietung der Arbeitskraft verwendet, die allerdings insbesondere im Bereich der Besteuerung entscheidend ist. Nach ihr sollte wichtig sein, wer und auf welche Art und Weise den Arbeitnehmern Anweisungen gibt und sie kontrolliert. Er war der Meinung, dass der Arbeitnehmer als ein ausländischer Arbeitnehmer betrachtet wird, wenn er seitens des ausländischen Arbeitgebers geleitet wird, ungeachtet dessen, in welchen Räumlichkeiten die Arbeit ausgeübt wird. Auch diese Unterordnung konnte die Klägerin allerdings im Laufe des Verfahrens nicht nachweisen, und das Bezirksgericht hat der Meinung der ČSSZ zugestimmt, dass es langfristig nicht möglich sei, dass die Manager, die Spitzenpositionen in der Gesellschaftsleitung und deren Organen bekleiden, lediglich aus dem Ausland von ihrem Arbeitgeber im Rahmen der Managementleistungen ohne jegliche Kontrolle der Gesellschaft, in der sie tätig sind, geleitet würden.

Das Bezirksgericht hat außerdem der Meinung der ČSSZ zugestimmt, dass für die Unterscheidung zwischen dem vertraglichen und dem ausländischen Arbeitnehmer wesentlich sei, bei wem die Arbeit ausgeübt wird, und zwar unabhängig von der Organisationsstruktur des vertraglichen Arbeitgebers oder von der faktischen Unterordnung. Im Gegensatz zu der internationalen Vermietung der Arbeitskräfte kann nach dem Gericht von der Definition des Gesetzes über die Krankengeldversicherung nicht abgeleitet werden, dass es entscheidend sein sollte, wer den Arbeitnehmer leitet, kontrolliert, ihm die Anweisungen gibt usw.

Die ČSSZ hat weiterhin untersucht, auf welche Weise die Arbeitnehmer entlohnt werden, und welche der Gesellschaften die Lohnkosten bezahlt, da diese Tatsache auch eines der Grundkriterien für die Erfüllung der Definition des vertraglichen Arbeitgebers ist. Gemäß dem Gesetz über die Krankengeldversicherung ist der vertragliche Arbeitgeber eine Person, die ihren Sitz auf dem Gebiet der Tschechischen Republik hat und bei der  Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers in der Tschechischen Republik tätig sind, die als vertragliche Arbeitnehmer betrachtet werden, „wenn gemäß dem mit dem ausländischen Arbeitgeber abgeschlossenen Vertrag die Einkünfte der vertraglichen Arbeitnehmer vom vertraglichen Arbeitgeber ausgezahlt werden oder seitens des vertraglichen Arbeitgebers dem ausländischen Arbeitgeber bezahlt werden.“ Auf der Grundlage der Feststellungen war die Abrechnung zwischen den Gesellschaften auf der Grundlage des Vertrags über die Managementleistungen durchaus kein Standard, da er nicht nur die Standardentlohnung für die Dienstleistungen enthielt, sondern es wurden hier auch die monatlichen Kosten für die Arbeitnehmer, die Marge und auch die Pauschalkosten für die Büronutzung und weitere Zuwendungen der Arbeitnehmer beziffert.

Das Bezirksgericht hat in seinem Urteil eindeutig den Schluss gefasst, dass es sich in dem beurteilten Fall um vertragliche Arbeitnehmer mit einer obligatorischen Teilnahme an dem tschechischen Versicherungssystem handelte. Die angeführte Änderung der vertraglichen Einstellung war in Wirklichkeit nur formal und hat den tatsächlichen Sachverhalt verschleiert. Durch die Verletzung der Verpflichtung zur Pflichtteilnahme der Arbeitnehmer an dem System der tschechischen Sozialversicherung sind außerdem der Gesellschaft finanzielle Einsparungen entstanden, und die genannten Arbeitnehmer wurden gleichzeitig einem nicht geringen Risiko ausgesetzt, dass sie im Falle eines ungünstigen Ereignisses nicht mit den Leistungen des Systems der Sozialversicherung versorgt werden.

Gegen das Urteil des Bezirksgerichts wurde seitens der Klägerin eine Kassationsbeschwerde eingelegt; eine endgültige Klärung der Begriffe des vertraglichen und des ausländischen Arbeitnehmers sollte die erwartete Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts bringen.

Soňa Hanigovská, Šárka Veselá