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Zuzana Kalincová | April 9, 2024

DAC 6-Richtlinie als illegaler Eingriff in die Privatsphäre? Stellungnahme des Generalanwalts

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Am 29. Februar 2024 gab der Generalanwalt von EuGH, Nicholas Emiliou, seine Stellungnahme zur Vorfrage, die das Verfassungsgericht in Belgien dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden als „EuGH“ bezeichnet) vorgelegt hat, bezüglich der Rechtmäßigkeit der Anwendung bzw. Aufnahme der Richtlinie des (EU) Rates 2018/822 (im Folgenden als „DAC 6-Richtlinie“ bezeichnet) - die durch die Einführung der Meldepflicht bei grenzüberschreitenden Gestaltungen zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung im Binnenmarkt beitragen soll - in die belgische Rechtsordnung.

Das belgische Verfassungsgericht stellte dem EuGH fünf Fragen.

Auf die erste Frage, die sich mit dem Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung befasst, dass die DAC 6 Richtlinie nicht nur für die Körperschaftsteuer gilt, sondern auch andere direkte und indirekte Steuern betrifft, verneint der Generalanwalt; beispielsweise äußert er die Sorge, dass einige Steuerzahler durch den Ausschluss anderer Steuern einen Teil der steuerpflichtigen Gewinne von Unternehmen in andere, der Meldepflicht nicht unterliegende Einkünfte umwandeln könnten, was der Erreichung des mit der DAC 6 Richtlinie verfolgten Ziels zuwiderlaufen würde. Insofern hält er die Richtlinie für ausreichend, weist aber auch darauf hin, dass die Vereinfachung eine Beschränkung der Meldepflicht nur auf grenzüberschreitende Geschäfte darstelle.

Die zweite und dritte Frage bezüglich der klaren und präzisen Definition grundlegender Begriffe (u.a. zum Beispiel „Hauptsteuervorteil/-beitrag“), bzw. einer klaren und präzisen Definition der 30-Tage-Frist für die Erfüllung der Meldepflicht bei einer grenzüberschreitenden Gestaltung für einen Vermittler oder einen Steuerzahler - was im Widerspruch zum allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit und im Widerspruch zum Recht auf Achtung des Privatlebens stehen kann, das lt. Artikel 7 in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“), gewährleistet wird – wurden vom Generalanwalt in eine Frage vereinheitlicht. In beiden Fällen erörterte er die einzelnen Begriffe im Detail und kam in beiden Fällen zu dem gleichen Schluss, dass die Begriffe klar und präzise sein müssen, um auf deren Grundlage Sanktionen verhängen zu können; was jedoch nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Begriffe im Laufe der Zeit präzisiert werden. Auch diese Tatsachen können seiner Meinung nach daher nicht zur Rechtswidrigkeit der DAC 6 Richtlinie führen.

Der Kern der vierten Frage besteht in der Möglichkeit einer Verletzung der beruflichen Verschwiegenheitspflicht, die in bestimmten Situationen auftreten kann (eine Situation, in der ein Vermittler unter ganz bestimmten Umständen einem anderen Vermittler mitteilen muss, dass er an der Steuerplanung für einen bestimmten Steuerzahler beteiligt war), was zu einer Verletzung des in Artikel 7 der Charta garantierten Rechts auf Achtung des Privatlebens führen könnte. Wie in früheren Fällen ist der Generalanwalt davon überzeugt, dass die DAC 6 Richtlinie nicht rechtswidrig ist, da sie nicht in unzumutbarer Weise in die Rechte von Vermittlern eingreift.
Die sogenannte „berufliche Verschwiegenheitspflicht“ gilt, seiner Meinung nach, in diesem Fall nur für Rechtsanwälte oder der Advokatur ähnliche Professionen, nicht jedoch für Buchhalter, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater usw.

Die letzte Frage betrifft die Übereinstimmung der DAC 6 Richtlinie mit dem in Artikel 7 der Charta garantierten Recht auf Achtung des Privatlebens, sowohl von Vermittlern als auch von Steuerzahlern, indem sie die Übermittlung einer breiten Palette privater Informationen ohne ausreichende Begründung oder die Angemessenheit vorschreibt, auch bei Gestaltungen, die rechtmäßig, nicht missbräuchlich und ohne vorrangige Steuervorteile sind. Auch in diesem Fall sah er keinen Widerspruch und argumentierte insbesondere mit dem öffentlichen Interesse, die Schaffung illegaler grenzüberschreitender Gestaltungen zu verhindern.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Generalanwalt praktisch alle aufgeworfenen Fragen vom Tisch gefegt hat und auf der Rechtmäßigkeit der DAC 6 Richtlinie in den genannten Bereichen besteht. Es bleibt die Frage, ob sich das Gericht selbst von seiner Meinung leiten lässt – dies geschieht jedoch in der Regel.
Wir werden die Entwicklung des Falles weiterhin beobachten.