GT News

Steuern, Buchhaltung, Recht und mehr. Alle wichtigen Neuigkeiten für Ihr Unternehmen.

Ivan Fučík | October 9, 2015

"Schwarzsystem" – wird das Thema langsam klar?

Teile den Artikel

In den letzten Jahren haben wir uns mit dem Thema „Schwarzsystem“ schon mehrmals befasst. Es ist immer noch ein aktuelles und diskutiertes Thema, deshalb kommen wir wieder darauf zurück - heute aus der Sicht der Richter des Obersten Verwaltungsgerichts und aus der Sicht der Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts. Gerade dank der Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts in der Angelegenheit des „Schwarzsystems“ wird die Grenze zwischen der abhängigen Tätigkeit (Tätigkeit eines Arbeitnehmers) und der gewerblichen Tätigkeit sichtbarer und besser vorhersagbar.

Der Kern des Problems im Bereich Steuern und im Bereich der Sozial- und Krankenversicherung ist, wie die Angelegenheit behandelt werden soll, wenn zwei Vertragsparteien gemäß den privatrechtlichen Rechtsvorschriften einen Vertrag vereinbaren, wobei eine Partei für die andere eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, die auch als abhängige Tätigkeit eines Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ausgeübt werden könnte. Für beide beteiligten Parteien ist die Ausübung der Tätigkeit als einer gewerblichen Tätigkeit, der sog. „Tätigkeit gegenüber einer Rechnung“, im Hinblick auf die Steuerabzüge und die Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge wesentlich billiger, als die Ausübung der gleichen Tätigkeit im arbeitsrechtlichen Verhältnis.

Die Definition der Einkommen von der abhängigen Tätigkeit (Tätigkeit eines Arbeitnehmers) gemäß dem Einkommensteuergesetz bezieht sich auf die Leistung in Form von Einnahmen vom derzeitigen oder früheren Arbeitsverhältnis, eines dienstlichen Verhältnisses oder eines Verhältnisses als Mitglied und eines ähnlichen Verhältnisses, bei denen der Steuerpflichtige bei der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit für den Steuerzahler verpflichtet ist, seine Anweisungen zu befolgen. Wie aus der Definition folgt, ein ähnliches Verhältnis kann nur ein solches Verhältnis sein, das alle Definitionsmerkmale der  Auflistung der angegebenen Verhältnisse erfüllt. Das zweite Merkmal ist, dass es sich um die Erbringung einer Arbeit handeln muss. Das dritte Merkmal ist, dass die Person, die die Arbeitstätigkeit ausübt, bei der Ausübung die Anweisungen des Steuerzahlers befolgen muss.  Die Auslegung des Begriffes: "die Anweisungen des Zahlers zu folgen" ist unklar. Anweisungen befolgen muss nicht nur der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis, sondern auch zum Beispiel der Maler eines Zimmers, der eine Wohnung streichen soll.  Mit einem Maler eines Zimmers muss aber kein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden.

Lassen Sie uns gemeinsam die wichtigsten Urteile in diesem Bereich ansehen. Das oberste Verwaltungsgericht wertet in seiner Rechtsprechung immer sowohl den Tatbestand jeder Angelegenheit, als auch die privatrechtlichen Aspekte des abgeschlossenen Vertrags aus. Den Begriff „abhängige Tätigkeit“ hat das Oberste Verwaltungsgericht im Urteil 2 Afs 62/2004-70 vom 24. 2. 2005 wie folgt definiert: "Die Definition des Begriffs "abhängige Tätigkeit" gemäß den Bestimmungen § 6, Abs. 1, Buchst. a) des Einkommensteuergesetzes kann nicht nur auf die Tätigkeit, die nach entsprechenden Anweisungen ausgeübt wird, reduziert werden, sondern es muss sich um eine von der Person des Zahlers tatsächlich abhängige Tätigkeit handeln. Das Definitionselement der Abhängigkeit wird vor allem durch die Art der ausgeübten Tätigkeit (typisch ist die auf einer Stelle für einen Arbeitgeber ausgeübte Tätigkeit) und auch dann bestimmt, wenn es sich um eine langfristige Tätigkeit handelt und wenn der Abschluss des arbeitsrechtlichen Verhältnisses vor allem im Interesse der Person, die diese Tätigkeit ausübt, deren Rechte durch den Nichtabschluss dieses Verhältnisses im Endeffekt beschädigt würden, erfolgen sollte. Im Gegenteil, um eine unabhängige Tätigkeit handelt es sich nicht, falls es sich um eine spezielle Tätigkeit handelt, die nur kurzfristig oder nicht kontinuierlich ausgeübt wird, deren Ausübung durch Faktoren bedingt ist, die im erheblichen Maße vom Willen des Auftraggebers unabhängig sind (z.B. Saisonarbeit, vom Wetter abhängige Arbeit, Arbeiten, die von der Durchführung eines einmaligen Auftrags bedingt sind usw.). Die Anwendung der steuerlichen Vorschriften muss auch diese Tatsachen akzeptieren, denn andernfalls würde sie ein nicht legitimes Element der Belastung der Privatsphäre darstellen. Die Erhöhung der Beschäftigung mittels der Maßnahmen der staatlichen Wirkung, und zwar auch mittels der nicht steuerlichen Maßnahmen, darf nämlich im Endeffekt nicht dazu führen, dass Arbeitsverhältnisse auch dann abgeschlossen werden, wenn an deren Abschluss kein beidseitiges Interesse besteht. Eine solche Auslegung würde auch den privatrechtlichen Kern des Arbeitsrechts bestreiten.“

Die zitierte Entscheidung führte zur  Betonung der subjektiven Seite des Verhältnisses, d.h. des tatsächlichen Willens der Parteien: "Angesichts des Charakters der durchgeführten Arbeiten wr es für den Kläger günstiger, Werkverträge abzuschließen, als eigene Arbeitnehmer zu beschäftigen.  Falls sich die Vertragsparteien gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts (Vertragsfreiheit, guter Glaube, kein Missbrauch einer wirtschaftlich stärkeren Position, etc.) entscheiden, dass sie dieses Vertragsverhältnisses eingehen und dass seine tatsächliche Durchführung erfolgt, handelt es sich um keine verschleierte Rechtshandlung."

Die nachfolgende Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts, die sich mit längerfristigen Beziehungen, als die zitierte Rechtsprechung (die sich mit den Saison-Mauerarbeiten befasste) befasste, hat die subjektive Seite des Verhältnisses betont (2 Afs 173/2005-69 vom 27. 7. 2006 und 7Afs 72/2008-97 vom 15. 1. 2009). Als ein abhängiges Verhältnis wurde, seitens des Obersten Verwaltungsgerichts, der Vertrag über die Buchhaltungsführung bezeichnet, in dem eine Buchhalterin, außer der Buchhaltungsführung, an Konsultationen teilgenommen hatte und andere administrativen und Hilfsarbeiten aufgrund der Anweisung des Vorgesetzten durchgeführt hatte. „Der reale Gegenstand der zwischen dem Antragsteller und den zwei Steuerpflichtigen abgeschlossenen Vereinbarungen war die unbegrenzte Ausübung der Arbeitstätigkeit. Der Gegenstand der mündlichen Vereinbarung des Antragstellers mit Ing. P.  (für die Jahre 1997 und 1999) war die Führung der Buchhaltung des Steuersubjekts und die Zusammenarbeit mit dem Zollamt, wobei ein Teil der Führung der Buchhaltung auch das Ausstellen von Rechnungen des Steuersubjekts war. Die Buchhaltung wurde am Sitz des Antragstellers mittels der Software, die dessen Vermögen war, bearbeitet, und er hat auch die Aktualisierung der Software bei Änderungen der buchhalterischen Vorschriften bezahlt, wobei der PC, die Software, die mit der Bearbeitung der Buchhaltung verbundene Betriebskosten, wie zum Beispiel das Papier, der Druck, das Kopieren und sonstiges nur vom Antragsteller gezahlt wurden.  Nach Gebrauch hat die oben Genannte die Angelegenheiten für den Antragsteller erledigt, zum Beispiel beim Zollamt, in der Bank usw., in Ausnahmefällen beantragte der Antragsteller Ing. P. auch mit  dem Transport des Personals, sie hat auch an Besprechungen der Firmenleitung, bei denen sie mit der Bearbeitung verschiedener Angaben aus der Buchhaltung des Antragstellers beauftragt wurde, teilgenommen.“

Aus der Rechtsprechung folgt, dass die Bewertungskriterien des Verhältnisses schwer zu generalisieren sind. Ein großer Teil der Rechtsprechung folgt der Entscheidung 2 Afs 62/2004-70 und beurteilt den Willen beider Parteien. Andere Urteile beurteilen und analysieren den Inhalt des Verhältnisses und versuchen, Qualifizierungskriterien zu finden, wie intensiv der Arbeitnehmer geleitet wird, wie detailliert und wie oft er Anweisungen erhält, welche Arbeitsinstrumente er verwendet, ob er am Sitz des Arbeitgebers arbeitet oder nicht (6 Ads 46/2013-35 veröffentlicht unter der Nr. 3027/2014 Slg.).

Der erweiterte Senat des Obersten Verwaltungsgerichts hat sich mit dem Problem beschäftigt, ob der verantwortliche Vertreter, der gemäß dem Gewerbegesetz ernannt wurde, aufgrund eines Vertrags über die Durchführung der Arbeit, bei dem die Beiträge für die Sozial- und Krankenversicherung nicht bezahlt werden und der nur der Quellensteuer von 15 % unterliegt, entlohnt werden darf? Dabei war er der Ansicht, dass es notwendig sei, den freien Willen beider Parteien zu beachten, unabhängig davon, ob die Parteien einen solchen Vertrag auch aus dem Grund der Nichtabführung der Beiträge für die Sozial- und Krankenversicherung abgeschlossen haben (6 Ads 48/2009-87 vom 16. 11. 2010). Das Oberste Verwaltungsgericht hat so unterstrichen, dass es eindeutig die subjektive Bewertung des Willens der Parteien, als das wichtigste Kriterium der Beurteilung der abgeschlossen Verträge, bevorzugt.

In diesem Sinne wurden dann auch die Fälle von professionellen Sportlern behandelt, bei denen das Verwaltungsgericht erlaubt hat, dass eine solche Tätigkeit sehr wohl als eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden könne (ihre Ausübung als einer Tätigkeit des Arbeitnehmers sei jedoch nicht ausgeschlossen). Das Oberste Verwaltungsgericht hat sich mit der Situation beschäftigt, in der die gewerbliche Tätigkeit ohne eine gültige Gewerbeberechtigung ausgeübt wurde. In diesem Fall war es der Auffassung, dass es sich nicht um ein Einkommen aus der unternehmerischen und gewerblichen Tätigkeit handeln könne, sondern dass es sich um ein Einkommen aus der abhängigen Tätigkeit, bzw. vom arbeitsrechtlichen oder einem ähnlichen Verhältnis handele; ggf. könne es sich um sonstiges Einkommen von gelegentlichen Tätigkeiten gemäß § 10 des Einkommensteuergesetzes handeln. Im Urteil 6 Afs 85/2014-39 hat das Oberste Verwaltungsgericht bei der Beurteilung des Willens der Parteien im Falle von Verträgen der Handelsvertreter, die ihre Tätigkeit als Gewerbetreibende ausgeübt haben, analysiert. Das Oberste Verwaltungsgericht hat in diesem Urteil angeführt: "Es können drei Arten von Tätigkeiten unterscheidet werden. Im ersten Fall handelt es sich um die Tätigkeiten, die ausschließlich als eine unabhängige Tätigkeit ausgeübt werden, sei es aufgrund von Rechtsvorschriften (z.B. Gerichtsvollzieher, Notar) oder aus der Natur der Sache (im Hinblick auf den Umfang, die Art der Tätigkeit, z.B. komplexe Herstellungsaktivitäten, bestimmte Arten der Geschäftsaktivitäten, eine große Immobiliengesellschaft etc.). Im zweiten Fall handelt es sich um die Tätigkeiten der 'zweideutigen' Natur (die überwiegende Mehrheit der kleineren Gewerbetreibenden wie Maurern, Klempnern; Freiberufler, Assistenztätigkeiten; verschiedene Dienstleistungen wie Buchhalter, Friseur usw.), im dritten Fall  handelt es sich um die Tätigkeiten, die rein abhängig sind (z.B. Kassiererin im Supermarkt). Die Rechtsprechung ist allmählich zu dem Schluss gekommen, dass die Tätigkeiten der '‚zweideutigen‘ Natur steuerlich nicht in die Kategorie des unerlaubten 'Schwarzsystems' fallen. Jedoch darf es sich nicht um die Vortäuschung der Selbstständigkeit und die Verheimlichung des tatsächlichen Standes, der in der rein abhängigen Tätigkeit besteht, noch um den Missbrauch des Gesetzes handeln.  In diesem Sinne ist die Weise der Sicherstellung der üblichen Aufgaben entscheidend, die aus dem Gegenstand der Tätigkeit des Empfängers der Arbeiten folgen, die nicht zum Beispiel durch Outsourcing der typisch abhängigen Tätigkeiten (vor allem der Arbeitertätigkeiten) erfolgen sollte.

Die Definition des Begriffs abhängige Arbeit befindet sich in der Rechtsprechung 6 Ads 46/2013 - 35 vom 13.2.2014, die die illegale Beschäftigung betrifft. "Der gemeinsame Merkmal und ein Leitmotiv aller Merkmale der abhängigen Arbeit, die im Arbeitsgesetzbuch festgelegt sind, ist die persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber. Diese Merkmale werden zur Unterscheidung der abhängigen Arbeitstätigkeit von anderen Formen der Tätigkeiten verwendet (vor allem von der selbständigen Tätigkeit), aber auch von Tätigkeiten einer anderen Art (insbesondere von der zwischenmenschlichen Aushilfe)“, wird in der Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts angeführt, das die Geldbuße für die illegale Ausübung der Arbeitstätigkeit beurteilt hat. Nach dem Obersten Verwaltungsgericht müssen die Verwaltungsbehörden bei der Sanktionierung der illegalen Arbeit dem Beschuldigten die Erfüllung der folgenden Merkmale nachweisen – der Arbeitnehmer übt persönlich und kontinuierlich unter dem Namen des Arbeitgebers und nach seinen Anweisungen die Arbeitstätigkeit aus, wobei er sich gegenüber dem Arbeitgeber in einem untergeordneten Verhältnis befindet.

"Das oberste Verwaltungsgericht beabsichtigt nicht, das Problem der illegalen Arbeitstätigkeit und ihrer Sanktionierung zu unterschätzen. Es ist aber notwendig, die abhängige Arbeit von der zwischenmenschlichen Aushilfe zu unterscheiden“, hat der Richter - Berichterstatter Tomáš Langášek angeführt. "Der Nachweis der Merkmale, wie z. B. der Kontinuierlichkeit oder des Unterordnungsverhältnisses gegenüber dem Arbeitgeber, stellt in bestimmten Fällen für die Gewerbeaufsichtsämter eine sehr anspruchsvolle Aufgabe dar. Trotzdem kann es auf sie nicht verzichtet werden und anstelle der Unterscheidung verschiedener Tätigkeiten eine von denen für eine nicht existierende zu erklären - also zu behaupten, dass die abhängige Arbeit jede Tätigkeit sei, die ein Mensch für einen anderen nach seinen Anforderungen ausübt. Kurz gesagt, es ist nicht möglich, im Rahmen des Kampfes gegen die unerwünschten Praktiken der illegalen Beschäftigung, die übliche bürgerliche Lebensweise abzuschaffen.,“ Dies hat Langášek zu der  Entscheidung angemerkt. 

Was sollte zum Schluss gesagt werden? Schließlich sollte nur wiederholt werden, was auch JUDr. PhDr. Karel Šimka in seinem Artikel im Bulletin der Steuerberaterkammer Nr. 4/2014 behauptet, dass jeder Fall auf seine Weise einzigartig sei und es relativ kompliziert sei, die verallgemeinernden Kriterien der Beurteilung des Verhältnisses zwischen dem Abnehmer und dem Lieferanten oder des Verhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zu finden.