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| September 11, 2018

Gründung einer festen Betriebsstätte - abhängiger Vertreter

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Das Bezirksgericht in Budweis (České Budějovice) befasste sich mit der Frage der Gründung einer festen Betriebsstätte durch einen sog. abhängigen Vertreter. Das Gericht bestätigte in seiner Entscheidung, dass einem ausländischen Steuerpflichtigen eine feste Betriebsstätte in der Tschechischen Republik nicht nur aufgrund des ständigen Geschäftssitzes entstehen könne, sondern auch dann, wenn die Tätigkeit, die ein Vertreter eines ausländischen Steuerpflichtigen in der Tschechischen Republik ausübt, für den ausländischen Steuerpflichtigen einen unerlässlichen Teil seiner Geschäftsaktivitäten darstelle. Entscheidend sei nicht nur, ob der Vertreter seine Funktion aufgrund einer Vollmacht ausübe oder die erwähnte Tätigkeit für mehrere Steuerpflichtige ausübe.

Bei dem Rechtsstreit handelte es sich um eine tschechische Gesellschaft (nachfolgend „Klägerin“), die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen, das zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland gilt, als in Deutschland steuerlich ansässig angesehen wurde, da dort der Ort ihrer tatsächlichen Leitung lag. Die Klägerin befasste sich mit dem Verkauf von Arbeitsmitteln und -bekleidung. In der Tschechischen Republik hatte sie im Berichtszeitraum keine Mitarbeiter. Eine andere tschechische Gesellschaft (nachfolgend„Vertreterin“) erbrachte für sie in der Tschechischen Republik ausgewählte Dienstleistungen aufgrund eines Vertrags.

Der Hauptpunkt des Rechtsstreits bestand darin, ob die von dieser Vertreterin auf dem Gebiet der Tschechischen Republik durchgeführten Tätigkeiten ihrer Natur nach den Tätigkeiten des sog. abhängigen Vertreters entsprechen und somit zur Entstehung einer festen Betriebsstätte der Klägerin auf dem Gebiet der Tschechischen Republik führen.

Nach der Behauptung der Klägerin wurden in der Tschechischen Republik nur Hilfs- oder Vorbereitungsmaßnahmen (Verwaltungstätigkeit, Call-Center-Bereitstellung usw.) durchgeführt. Die Vertreterin hatte keine Vollmacht, sie hatte kein Recht, im Namen der Klägerin Aufträge oder Verträge über den Verkauf von Waren abzuschließen, und gleichzeitig erbrachte sie ihre Dienstleistungen auch für andere Unternehmen. In einem solchen Fall würde die Betriebsstätte der Klägerin in der Tschechischen Republik nicht entstehen.

Der Steuerverwalter hat jedoch dieser Behauptung nicht zugestimmt und hat bezüglich der Klägerin eine örtliche Untersuchung eingeleitet, in der er feststellte, dass die Vertreterin für die Klägerin im Rahmen eines zwischen den Gesellschaften abgeschlossenen Vertrags einen Kundendienst sicherstellt. Die Vertreterin telefoniere mit Kunden in der Tschechischen Republik, empfange elektronische Post und Sendungen, vertreibe Kataloge und weiter Waren an Zielkunden, bearbeite Reklamationen, tausche Waren aus und stelle sie in Rechnung. Auf der Grundlage dieser Untersuchung kam der Steuerverwalter zu dem Schluss, dass die von der Vertreterin durchgeführten Tätigkeiten in der Tschechischen Republik im Wesentlichen die eigenen Tätigkeiten der Klägerin ersetzten und für sie unerlässlich seien. 

Das Bezirksgericht hat diese Schlussfolgerung in seinem Urteil bestätigt und fügt zusätzlich hinzu, dass die Geschäftstätigkeit der Klägerin in der Tschechischen Republik durch ihre Vertreterin realisiert worden sei und ohne die Beteiligung dieser Gesellschaft es kaum vorstellbar sei, dass die Klägerin in der Lage wäre, ihre Geschäftstätigkeit in der Tschechischen Republik in einem solchen Umfang sicherzustellen. Die Dienstleistungen der Vertreterin seien zusätzlich unter einer vertraglichen Vereinbarung in einem von der Klägerin gewünschten Umfang realisiert worden, daher könne die Vertreterin nicht als eine sog. unabhängige Vertreterin angesehen werden, durch die keine feste Betriebsstätte in der Tschechischen Republik entstehen würde.

Aus dem Vorstehenden kann geschlossen werden, dass zur Gründung einer festen Betriebsstätte auch ein tatsächlicher Inhalt funktionierender Beziehungen zwischen Gesellschaften - zum Beispiel durch eine vertragliche Vereinbarung – genügt. Dann wäre keine spezifische Vollmacht notwendig.

Die Klägerin hat der oben genannten Entscheidung des Bezirksgerichts nicht zugestimmt und hat eine Berufung beim Obersten Verwaltungsgericht der Tschechischen Republik eingelegt, wo sich der Fall jetzt befindet.