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Richard Knobloch | May 3, 2023

Das Laden von Elektrofahrzeugen stellt aus umsatzsteuerlicher Sicht eine Warenlieferung dar

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Wir möchten Sie auf das aktuelle Urteil des Gerichtshofs EU C-282/22 hinweisen, bezüglich der gerichtlichen Beurteilung der Vorfrage, ob das Laden („Tanken“) von Elektroautos umsatzsteuerlich eine Warenlieferung oder eine Leistungserbringung/Gewährung einer Dienstleistung darstellt. In Anbetracht der Tatsache, dass Strom für Mehrwertsteuerzwecke als materielles Eigentum, d.h. als Waren, angesehen wird, und dass der Kern der Leistung darin besteht, die Stromversorgung der Batterie eines Elektrofahrzeugs sicherzustellen, betrachtete das Gericht das Laden selbst als eine Warenlieferung. Damit verbundene (Dienst-)Leistungen, wie die Bereitstellung von Ladeequipment, technischer Support oder eine digitale Applikation zur Buchung von Konnektoren usw., stellen dann entweder die für die Stromversorgung notwendige Mindestleistung oder eine sekundäre Dienstleistung dar, die der besseren Nutzung der Hauptleistung dient. Infolgedessen stellen somit alle vorgenannten Leistungen eine komplexe Gesamtleistung, nämlich eine Warenlieferung dar.

Die Entscheidung des Gerichts selbst entspricht zweifellos den Bestimmungen der USt.-Richtlinie der EU, beim sog. E-Roaming wird es jedoch zu gewissen Komplikationen für die Betreiber/Operatoren führen. Wäre es eine Dienstleistung, würde ein Operator - der seine Kunden auch in anderen Staaten bedient und in der Regel Strom zum Laden bei einem lokalen Anbieter bezieht - die Leistung als erhaltene Dienstleistung in seinem Staat besteuern sowie diese seinen Kunden dann einschließlich der Umsatzsteuer „seines“ Staats in Rechnung stellen.

Bei der Warenlieferung ist die Situation jedoch komplizierter, da der Lieferort der Waren immer der Ort ist, an dem das Laden erfolgt. Der örtliche Anbieter liefert dem Betreiber den Strom mit lokaler Mehrwertsteuer, oder er kann auch die Steuerpflichtübertragungsregelung in Anspruch nehmen, wenn der Betreiber als Stromhändler gilt und der betreffende EU-Mitgliedstaat für diese Fälle die Steuerpflichtübertragungsregelung anwendet.
Im Fall von E-Roaming muss sich der Operator daher in jedem Land, in dem seine Kunden laden können, für die Mehrwertsteuer registrieren und ihnen das Laden mit lokaler Mehrwertsteuer in Rechnung stellen. Ist der Kunde Steuerzahler, der den Strom für Geschäftsreisen verbraucht, kann er im jeweiligen Staat eine Umsatzsteuerrückerstattung beantragen.

Vorstehendes gilt jedoch nur, wenn behauptet werden kann, dass der örtliche Anbieter Strom an den Betreiber liefert, der diesen anschließend im Rahmen des Ladens an seinen Kunden weiterverkauft. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die laufenden Diskussionen zum Tanken von Treibstoff mittels sog. CCS-Karten, wenn es nicht eindeutig ist, in welcher Situation der Kartenherausgeber Kraftstoff an seine Kunden weiterverkauft und wann die Kunden diesen direkt vom primären Versorger/Lieferanten (Tankstelle) beziehen, wobei der Kartenherausgeber nur mehrwertsteuerfreie Finanzierungen anbietet.

Autor: Richard Knobloch