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| October 9, 2015

ARBEITSRECHT

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Ist die gleichzeitige Ausübung der Funktionen eines Mitglieds eines statutarischen Organs und eines Geschäftsleiters wieder möglich?

Das Oberste Gericht der Tschechischen Republik hat sich in diesem Jahr wieder mit mehreren Fällen der gleichzeitigen Ausübung der Funktionen eines Mitglieds eines statutarischen Organs und eines leitenden Arbeitnehmers einer Gesellschaft befasst. In einem seiner Urteile hat es, nach einigen Jahren, die Möglichkeit einer gleichzeitigen Ausübung der Funktion eines statutarischen Organs, in diesem Falle eines stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, und eines Arbeitsverhältnisses in der Position des Geschäftsleiters eingeräumt.

Einführung

Der Fall der gleichzeitigen Ausübung ist ein von der Fachöffentlichkeit endlos diskutiertes Thema. Es handelt sich um eine Situation, in der ein Mitglied des statutarischen Organs einer Gesellschaft auch noch einen Arbeitsvertrag abschließt, laut dem er die Arbeitstätigkeit als ein leitender Arbeitnehmer - z.B. als Generaldirektor, als Geschäftsleiter etc. ausübt.  Die ursprüngliche Rechtsprechung (z.B. 3 Ads 119/2010 – 58) hat eine solche gleichzeitige Ausübung mit dem Argument verboten, dass sich die Aktivitäten des leitenden Arbeitnehmers des Mitarbeiters und des Mitglieds des statutarischen Organs überschneiden, und dass für die gleiche Art der Tätigkeit nicht zwei Verträge abgeschlossen werden dürfen. Dies galt bis zur Änderung des Handelsgesetzbuchs vom Jahr 2011 (weiter nur „ObchZ“), die eine neue Bestimmung - § 66d - ins ObchZ hinzugefügt hat. Diese Bestimmung hat es dem statutarischen Organ ermöglicht, eine dritte Person oder einen seiner Mitglieder mit der Ausübung der Geschäftsleitung zu beauftragen, in dem das beauftragte Mitglied gleichzeitig ein Arbeitnehmer der Gesellschaft werden könnte. Das Gesetz über die Handelsgesellschaften (weiter nur „ZOK“) (nachstehend "ZOK"), das das Handelsgesetzbuch im Jahr 2014 ersetzt hat, hat diese Bestimmung jedoch nicht übernommen. Das Fehlen einer expliziten Regelung eröffnete wieder die Debatte, nicht nur der Fachöffentlichkeit. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die mit den Schlussfolgerungen der ursprünglichen Rechtsprechung, auf der anderen Seite diejenigen, die mit dem Verfassungsgrundsatz, dass das was nicht verboten ist, erlaubt sei, argumentieren. Die Überschneidung der Tätigkeiten ist explizit nicht verboten.

Das Justizministerium hat im Juli 2014 eine Auslegung veröffentlicht, dass die Überschneidung von Funktionen seit dem 1.1.2014 nicht mehr zulässig sei. Das Gericht hat sich mit der Frage der Überschneidung von Funktionen gemäß den ab dem 1.1.2014 wirksamen Rechtsvorschriften noch nicht beschäftigt.

Bahnbrechendes Urteil

In diesem Jahr hat jedoch das Oberste Gericht der Tschechischen Republik in seinem Urteil AZ 21 Cdo 496/2014 vom 24.2.2015 nach einigen Jahren die Möglichkeit der gleichzeitigen Ausübung der Funktion eines Mitglieds eines statutarischen Organs (in diesem Fall eines stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden) und eines Arbeitsverhältnisses in der Position eines Geschäftsleiters eingeräumt. Die Schlussfolgerungen gelten natürlich völlig auch für die Geschäftsführer der s.r.o. (GmbH).

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende einer Aktiengesellschaft übt für diese Gesellschaft die Arbeit eines "Geschäftsleiters" auf der Grundlage eines Managementvertrags aus. Nach diesem Vertrag wurde ihm ein Betrag in Höhe von 1.188.000,- CZK als ein variabler Teil des Gehalts ausgezahlt. Die Aktiengesellschaft bat um die Rückerstattung dieses Betrags als einer ungerechtfertigten Bereicherung aus dem Grund, dass die Bedingungen für die Auszahlung dieses Betrags, die im Managementvertrag vereinbart wurden, nicht erfüllt worden sei; sie hat auch die Tatsache angeführt, dass der Managementvertrag auch aus dem Grund der Überschneidung der Funktionen des Beklagten als stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden und leitenden Mitarbeiters in der Position eines Geschäftsleiters ungültig sei. 

Das Oberste Gericht der Tschechischen Republik hat jedoch, im Vergleich zu den vorherigen Entscheidungen, versucht, von der detaillierten Auflistung der Verpflichtungen, die der Geschäftsleiter als seine Tätigkeit ausüben sollte, diejenigen zu wählen, die unter die Vertretung der Gesellschaft nach außen oder unter die Geschäftsleitung nicht einbezogen werden können. Es hat angeführt, dass von einer bestimmten Auflistung der Verpflichtungen des Geschäftsleiters ersichtlich ist, dass sich ergibt, dass der Inhalt der Funktion des Geschäftsleiters nicht die gleiche Tätigkeit war, die der Beklagte (Geschäftsleiter) beim Kläger (Aktiengesellschaft) als stellvertretender Vorstandsvorsitzende ausgeübt hat, weil die meisten Tätigkeiten des Geschäftsleiters, die in der Unternehmensordnung des Klägers festgelegt wurden (z.B. die Leitung der Tätigkeit „vertraglicher Transport“, Sicherstellen der Tätigkeit der Lager, Sicherstellen einer Marktstudie und der Logistik, ordnungsmäßiges Führen des Systems der Bestellungen und der Dokumentation über die Ausgabe und Übernahme der Produkte und der Waren, die Festlegung der Preise der Produkte, der Dienstleistungen und des Materials nach der Vereinbarung mit dem Finanzleiter, Durchführung des Systems der Preisunterstützung des Produktverkaufs, Sicherstellung der Schutzmittel und der Arbeitsbekleidung für die Arbeitnehmer und weitere Tätigkeiten), nicht unter die Vertretung der Aktiengesellschaft nach außen oder unter ihre Geschäftsleitung einbezogen werden können.

Durch dieses Urteil wurde die Definition dessen erweitert, was nicht unter den Begriff Geschäftsleitung fällt. Der Fall muss weiterhin verfolgt werden, da ihn das Oberste Gericht der Tschechischen Republik zum weiteren Verfahren dem Berufungsgericht zurückverwiesen hat.

Zum Schluss

Die Grenze zwischen der Ausübung der Funktion des Mitglieds des statutarischen Organs und der Tätigkeit, die nicht die Ausübung der Funktion darstellt, ist sehr dünn. Trotz dieses bahnbrechenden Urteils empfehlen wir, um alle Zweifel zu vermeiden und um die Rechtssicherheit auf beiden Seiten zu stärken, die Angelegenheit durch den Abschluss eines Vertrags über die Ausübung der Funktion zu lösen und die Entlohnung in diesem Vertrag zu vereinbaren. Arbeitsverträge über die Tätigkeiten, die sich mit der Ausübung der Funktion nicht deutlich überschneiden, können natürlich weiterhin geschlossen werden. Es muss sich jedoch um eine abhängige Arbeitstätigkeit, die durch das Arbeitsgesetz definiert wird, handeln, und es müssen die vom Gesetz über die Handelsgesellschaften bestimmten Voraussetzungen erfüllt werden. Im Falle Ihres Interesses an dieser Problematik stehen wir gern für Konsultationen zur Verfügung.