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Ivan Fučík | January 26, 2017

Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts - Steuerverfahren, Untätigkeit des Steuerverwalters, ausländische Steuer-Anfrage

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In unserer Praxis sind wir einem interessanten Urteil des (tschechischen) Obersten Verwaltungsgerichts (nachfolgend nur „OVG“) zum Thema des Steuerverfahrens und dessen unberechtigter Verlängerung begegnet.

Das OVG hat in seinem Urteil vom 18. 2. 2010 AZ 7 Ans 1/2010-65 eine Kassationsbeschwerde der Gesellschaft Siemens wegen der Untätigkeit der Zollbehörden bei der Bearbeitung der Beschwerde gegen die Zahlungsbescheide beurteilt. Der Streit selbst dauerte seit dem 17. Juli 2007. Es ging darum, ob die Zollbehörden bei der Bearbeitung einer Beschwerde der Gesellschaft Siemens den Grundsatz der Geschwindigkeit und Effizienz des Verwaltungsverfahrens eingehalten haben und ob sie dadurch, dass sie über die erwähnte Beschwerde nicht gemäß der internen Anweisung D-308 des Finanzministeriums über die Festlegung der Fristen im Steuerverfahren innerhalb von sechs Monaten entschieden haben, sie unbegründet und im Widerspruch zum Gesetz das Verwaltungs- und Steuerverfahren verlängert haben. Im Streit ging es darum, ob das Bezirksgericht die Unterlassungsklage gegenüber der Verwaltungsbehörde berechtigt gemäß § 81 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung abgewiesen hat.

Im genannten Fall sollte eine Entscheidung innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag der Zustellung der Beschwerde an die Zolldirektion getroffen werden, oder wenn die Frist seitens der vorgesetzten Behörde, d.h. seitens der Generalzolldirektion, auf das Doppelte verlängert worden wäre, wäre der letzte Tag für eine Entscheidung der 20. Juni 2008 gewesen, und zwar auch bei Berücksichtigung bestimmter das Verfahren verlängernden Tatsachen. Es kann nicht mit einer Verlängerung der Frist für das Erlassen der Entscheidung aufgrund eines Ersuchens ins Ausland argumentiert werden, da das Ersuchen erst am 7.1.2009 zugestellt wurde, d.h. erst dann, als das Verwaltungsorgan mehr als ein halbes Jahr untätig war. Darüber hinaus kann ein ausländisches Ersuchen nach Auffassung des Beschwerdeführers in der Angelegenheit offensichtlich nicht dazu beitragen, die Identifizierung der anderen Fakten festzustellen, und dies insbesondere im Hinblick auf eine erhebliche zeitliche Lücke ab der Zeit, wann die Geschäftsfälle (2001) erfolgten, und ist daher völlig unangebracht.

Das Oberste Verwaltungsgericht befasste sich mit der Beschwerde der Gesellschaft Siemens gegen die Unmöglichkeit der Überprüfung der Entscheidung des Bezirksgerichts aus dem Grund, dass das Stadtgericht den Einwand der ordnungsmäßigen Anwendung der Weisung D-308 vermieden hatte, und gegen die Vorgehensweise der Zolldirektion, dass diese ihre Schlussfolgerungen unzureichend begründet hatte.

Der erste Satz des Urteils, der in der Urteilssammlung des Obersten Verfassungsgericht im Jahr 2010/8 unter der Nummer 2087 angeführt ist, lautet:

"Die Existenz eines ausländischen Ersuchens selbst, ohne klarzustellen, welche Fragen dessen Gegenstand sind und ob deren Beantwortung für die Sache notwendig ist, kann ohne weiteres nicht zur Schlussfolgerung führen, dass die Unterlassungsklage unbegründet ist (§ 81 Abs. 3 VwGO). Das gleiche gilt, wenn das Gericht nur das Bestehen bestimmter Handlungen des Steuerverwalters, die in einem bestimmten zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden, feststellt, ohne sich mit der Natur und dem Zweck der einzelnen Handlungen zu befassen.“

In der Begründung hat sich das OVG zuerst mit der Verpflichtung des Gerichts, alle Einwendungen der klagenden Partei zu überprüfen, befasst. In seiner Entscheidung hat es die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zitiert, nach der „die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts, das eine Entscheidung der Verwaltungsbehörde im ganzen Umfang der geltend gemachten Einwendungen der klagenden Partei nicht überprüft, den Grundsätzen eines gerechten Verfahrens widerspreche.“ Das Verfassungsgericht hat im Urteil vom 7. 7.2003, AZ IV. ÚS 40/03 Nr.107/2003 Sb. NU, angeführt, dass „die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts, das eine Entscheidung der Verwaltungsbehörde im ganzen Umfang der geltend gemachten Einwendungen der klagenden Partei nicht überprüft, den Grundsätzen eines gerechten Verfahrens widerspreche.“ Ähnlich hat das Verfassungsgericht im Urteil vom 24. 2. 2004, AZ II.  US 242/02, Nr. 29/32 Sb. NU, entschieden, wobei es sich äußerte, dass sich aus den Grundsätzen eines gerechten Verfahrens unter anderem die Verpflichtung der ordentlichen Gerichte ergebe, ihre Entscheidungen zu begründen, auf die geltend gemachten Einwendungen zu reagieren und deren eventuelle Ablehnung zu erklären.

Weiterhin hat sich das OVG mit der Frage der Einhaltung der Fristen für die Entscheidungserlassung seitens des Steuerverwalters befasst. Es hat dem Bezirksgericht vorgeworfen, dass es sich nicht mit bestimmten Schritten des Steuerverwalters hinsichtlich deren Zwecks befasst habe. Es hat auf das Urteil vom 26. 6. 2008 GZ 2 Ans 3/2007 verwiesen, in dem es unter anderem angeführt hatte: „wenn daher die Verwaltungsbehörde unsinnige oder zwecklose Handlungen durchführte, zum Beispiel mit dem Ziel, das Verfahren absichtlich zu verlängern, würde sie im Widerspruch mit der zitierten Bestimmung handeln, und diese Handlung könnte aufgrund ihrer Natur und schwerwiegender Rechtsfolgen sowohl aus der Perspektive der Empfänger der öffentlichen Verwaltung, als auch aus der Perspektive des Schutzes des öffentlichen Interesses, als Untätigkeit seitens der Verwaltungsbehörde bezeichnet werden.“

Die zitierte Schlussfolgerung kann zweifellos auch auf das steuerliche Verfahren bezogen werden, wenn der Steuerverwalter sehr oft nicht auf alle Einwendungen des Steuerzahlers reagiert. Nach dem OVG ist auch „die unsinnige und zwecklose Tätigkeit aus der inhaltlichen Perspektive eine Untätigkeit, da sie mit der Untätigkeit aufgrund deren Folgen vergleichbar ist, da sie eine unbegründete Verzögerung des Verfahren verursacht".