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| March 8, 2022

Wie bilanziert man richtig langfristige Aufträge für Bauarbeiten?

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Das Oberste Verwaltungsgericht (im Folgenden als „NSS“ bezeichnet) befasste sich in dem kürzlich ergangenen Urteil Nr. 2 Afs 296/2020-64 mit der Bilanzierungsmethode für langfristige Bauaufträge. 

Der Streit betraf den Zeitpunkt der Besteuerung von Erlösen aus Werkverträgen, insbesondere ob es nach dem Rechnungslegungsgesetz möglich ist, Teilrechnungen mit Erlösen zu verrechnen, oder ob das Institut der unfertigen Produktion (Anlagen im Bau) verwendet werden soll; d.h. eine Besteuerung würde erst danach erfolgen, wenn das Werk fertig gestellt und übergeben ist. 

Das Steuersubjekt betrachtete die erhaltenen Anzahlungen als Teilarbeiten an langfristigen Bauaufträgen. Diese Teilarbeiten wurden einvernehmlich abgestimmt und das Steuersubjekt verbuchte diese Teilabrechnung als Ertrag der laufenden Periode. Der Finanzverwalter hielt dieses Verhalten für unzutreffend und vertrat in der Folge (zusammen mit dem Kreisgericht) die Auffassung - da dieser Werkvertrag keine Teilleistungen enthalte, die als Teilleistungen in den Umsatzerlös einbezogen werden könnten - dass der Unternehmer das Institut der unfertigen Produktion verwenden solle. Das NSS entschied jedoch zugunsten des Steuersubjekts. 

Das NSS-Gericht erinnert in seiner Stellungnahme an die Besonderheiten der Bauwirtschaft und den komplizierten (insbesondere zeitlichen) Aufwand, um das Verhältnis zwischen den erzielten Erlösen und den diesbezüglich angefallenen Kosten aufrechtzuerhalten. Dabei handelt es sich um langfristige Aufträge, deren Abwicklung sich oft über mehr als einen Abrechnungs-/Besteuerungszeitraum erstreckt. Bei der Bauausführung spielt auch eine wichtige Rolle die Tatsache, dass - aufgrund der hohen finanziellen Anforderungen des ausgeführten Werkvertragsgegenstands - in der Regel nicht der ganze Auftrag auf einmal (nach Fertigstellung), sondern in Teilbeträgen (z.B. nach einzelnen Objekten oder Etappen) an den Auftraggeber verrechnet wird. Darum sollte der Bau nicht als „normale“ Auftragsproduktion“ angesehen werden. Nach Ansicht des NSS-Gerichts wäre die Anforderung - alle für die Bauausführung angefallenen Kosten erst nach vollständiger Fertigstellung und Übergabe an den Auftraggeber zu verrechnen - unangemessen vereinfachend.

Bereits im Urteil von 2007 stellte das NSS-Gericht fest, dass „der Grundsatz des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs von steuerlich abzugsfähigen Ausgaben mit steuerpflichtigen Einkünften in Bezug auf die Art der Geschäftstätigkeit der Steuersubjekte und der Art der von ihnen erbrachten oder empfangenen Leistungen auszulegen ist“. Sind die Steuersubjekte im Baugewerbe tätig, müssen sie die Aufwendungen laufend so abrechnen können, wie sie anfallen. Der zeitliche und sachliche Zusammenhang sollte durch die Anforderung sichergestellt werden, dass die entsprechenden Aufwendungen vom Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt geltend gemacht werden sollten, zu dem sie Teil der steuerpflichtigen Erträge wurden, indem sie dem Endabnehmer des Werks in Rechnung gestellt wurden. Das Regime bzgl. Buchung der Aufwendungen in unfertige Produktion sollte nur auf die Aufwendungen angewendet werden, die dem Abnehmer noch nicht in Rechnung gestellt wurden.

Im Allgemeinen war das NSS-Gericht für das Steuersubjekt richtig. Beide Rechnungslegungsmethoden beruhen auf gesetzlichen Vorschriften, und das NSS stellte Folgendes fest: „weder Verwaltungsbehörden noch das Kreisgericht haben die Möglichkeit, die Erträge solchermaßen (statt unfertiger Produktion) zu bilanzieren, nach ihrer Rechtsauffassung allgemein verboten, jedoch damit bedingt, dass es notwendig ist, dass einzelne Arbeitsetappen Kontrahenten des jeweiligen Werkvertrages apriorisch ausdrücklich als eigenständige Teilleistungen des Vertrages (d.h. als einzelne Leistungsabschnitte bzw. Teilwerke) konzipiert sind, die gem. § 2606 BGB allmählich vervollständigt und weitergegeben werden“.   

Gemäß § 7 Abs. 1 des Rechnungslegungsgesetzes ist der Grundsatz der Buchführung zu beachten, damit der Jahresabschluss ein wahrheitsgetreues, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild des Rechnungslegungsgegenstandes und der Finanzlage des Unternehmens vermittelt, § 2 des gleichen Gesetzes heißt es dann eindeutig: „Wenn ein Unternehmen zwischen mehreren Möglichkeiten einer bestimmten Rechnungslegungsmethode wählen kann und die gewählte Möglichkeit die tatsächliche Situation verschleiern würde, muss das Unternehmen eine andere Möglichkeit wählen, die dem tatsächlichen Stand entspricht“. Daher ist der Ist-Zustand für die Rechnungslegung von vorrangiger Bedeutung, wobei es nach gesetzlichen Vorschriften nicht gegeben ist, dass dieser Zustand mit dem Rechtszustand gleichgesetzt werden muss.

Der Steuerzahler wies beim Verfahren auch darauf hin, dass die in Rechnung gestellten und bezahlten Arbeiten bereits im Moment ihrer Ausführung einen unbestreitbaren wirtschaftlichen Wert für den Auftraggeber darstellten, da sie die Weiterarbeit an Bauaufträgen ermöglichten, wobei der Steuerzahler die durchgeführten Arbeiten kaum „zurücknehmen“ bzw. zur Ausführung eines ev. anderen Auftrags verwenden konnte. Das NSS betonte daher, dass die vertragliche Vereinbarung über die Übergabe des Werkes als Ganzes zivilrechtlich relevant ist, jedoch keinesfalls ausgeschlossen ist, dass: „durch das Prisma des Rechnungslegungsgesetzes und der Rechnungslegungsverordnung die Tatsache reflektiert wird, dass die Arbeiten in Teilen ausgeführt, geprüft, genehmigt, in Rechnung gestellt und bezahlt wurden. Dieses Verfahren stand im Übrigen vollkommen im Einklang mit den einschlägigen vertraglichen Vereinbarungen; wenn das einzige Argument für die Unrichtigkeit der vom Beschwerdeführer gewählten Abrechnungsart das Fehlen einer ausdrücklichen Bezeichnung des vereinbarten Verfahrens bei der Ausführung des Bauauftrags als „schrittweise Ausführung“ und „Teilübergabe“ des Werkes lt. § 2606 BGB sein sollte, hält das Oberste Verwaltungsgericht eine solche Argumentation für unzumutbar formalistisch.

Das NSS-Gericht stimmte somit dem Steuerzahler zu, dass er die ausgestellten Rechnungen korrekt als Erträge des Steuer-(Abrechnungs-)Zeitraums verbuchte, in dem Vorauszahlungen für die ausgeführten Teilarbeiten eingegangen waren.

Autor: Jakub Štefáček, Renata Písecká