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Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns durch Einreichung einer scheinbar vergeblichen Klage

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Das Oberste Gericht nimmt in seiner jüngsten Rechtsprechung/ im Judikat AZ 27 Cdo 59/2022 eine interessante Stellungnahme zur Entstehung der Haftung eines Mitglieds des gewählten Organs eines Unternehmens für die der Gesellschaft verursachten Schäden und zur Vorhersehbarkeit von Schäden im Falle einer Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns.

Der Geschäftsführer reichte im Namen des insolventen Unternehmens eine Klage gegen einen ehemaligen Geschäftspartner wegen ungerechtfertigter Bereicherung ein. Derselbe Anspruch war jedoch bereits mehrere Jahre zuvor Gegenstand eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits, so dass diese (zweite) Klage keinen Erfolg haben konnte. Wie erwartet, wies das Gericht die Klage ab und entschied über die Verfahrenskostenpflicht der Klägerin gegenüber dem Beklagten. Da der Kläger zahlungsunfähig war und nicht über die Mittel verfügte, um die Verfahrenskosten zu tragen, wandte sich der Beklagte direkt an den Geschäftsführer vor Gericht, um ihm den Betrag selbst zu zahlen. Er berief sich dabei auf eine Rechtsvorschrift, nach der ein Mitglied eines gewählten Organs einer juristischen Person ihr den Schaden zu ersetzen habe, der ihr durch Pflichtverletzung bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben bzw. der Funktionsausübung entstanden sei.

In diesem Zusammenhang hat das Oberste Gericht zwei Fragen geklärt - wann eine solche Forderung fällig wird und ob der daraus resultierende Schaden vorhersehbar war bzw. antizipiert werden konnte. Im ersten Fall kam es zu dem Schluss, dass es möglich sei, ein Mitglied eines gewählten Organs unmittelbar nach Entstehung des Schadens in Anspruch zu nehmen. Es muss also nicht darauf gewartet werden, dass das Unternehmen selbst sein Mitglied auffordert, ihm den Schaden zu ersetzen. Sinn und Zweck dieser Haftung ist es, den Gläubiger in eine gerechtere Position zu bringen, seine Forderung auch bei Uneinbringlichkeit eintreiben zu können.

In Bezug auf die Vorhersehbarkeit des Schadens erinnerte das Oberste Gericht daran, dass es wesentlich ist, die Situation aus der Sicht eines hypothetischen erfahrenen Beobachters, d.h. einen bestimmten Fall nicht mit den Augen einer bestimmten Person zu betrachten. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Möglichkeit, dass das Gericht dem Kläger die Verfahrenskosten auferlegt, aus Sicht eines erfahrenen Beobachters nicht völlig unwahrscheinlich war.

In der gegebenen Situation also dadurch, dass der Geschäftsführer eine bereits einmal rechtskräftig entschiedene Sache angeklagt hat, und daher das Scheitern der Sache hätte voraussehen müssen, seine Sorgfaltspflicht als ordentlicher Kaufmann verletzt und der Gesellschaft einen Schaden in Höhe der Verfahrenskosten der Gegenpartei verursacht hat. Die Gegenpartei hatte dann im Moment der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts über die Abweisung der Klage und der Entscheidung über die Verpflichtung zur Zahlung der Verfahrenskosten das volle Recht, Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend zu machen.

Autor: Veronika Odrobinová, Olga Králíčková