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Roman Burnus | June 14, 2022

Judikatur: Abwehr der Steuerveranlagung durch Hilfsmittel

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Das Oberste Verwaltungsgericht (im Folgenden „NSS“) hat im Urteil 6 Afs 273/2020 vom 18. Mai 2022 den Streit zwischen der Berufungsfinanzdirektion und einer natürlichen Person (im Folgenden „Kläger“ genannt) über die fehlerhafte Steuerermittlung nach den Hilfsmitteln beurteilt. Am 30. Juni 2017 stellte der Finanzverwalter dem Kläger einen Nachzahlungsbescheid zur Einkommensteuer natürlicher Personen aus, in dem er dem Steuerpflichtigen die Steuer für den Veranlagungszeitraum bzw. das Jahr 2013 nach Hilfsmitteln in Höhe von 363 877 CZK nachbemessen sowie eine Verpflichtung zur Zahlung einer Geldbuße von 72 775 CZK auferlegt hat.

In der Klageschrift machte der Steuerpflichtige Einwendungen geltend, dass die Steuer bei der Steuerermittlung mit Hilfsmitteln nicht verlässlich ermittelt worden sei, da weder der Steuerverwalter noch die Berufungsfinanzdirektion (im Folgenden: Beklagte) die wirtschaftlichen Kennzahlen vergleichbarer Steuerpflichtiger und deren Steuerpflichten verglichen hätten. Der Kläger behauptete ferner, der Finanzverwalter habe § 145 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 280/2009 Slg., Abgabenordnung (in Folgendem „AO“) verletzt, da er das Steuersubjekt nicht zur Abgabe einer zusätzlichen Steuererklärung aufforderte und die Steuerprüfung somit rechtswidrig eingeleitet wurde. 

Das Kreisgericht erwiderte den Einwand, dass sich weder der Finanzverwalter noch die Beklagte mit dem Vergleich wirtschaftlicher Kennziffern vergleichbarer Steuersubjekte und deren steuerlichen Pflichten befasst hätten, so die Klägerin. Nach Ansicht des Kreisgerichts konnte der Steuerpflichtige Zweifel an den angeblichen Leistungen von Lieferanten nicht ausräumen, die ungefähr 87 % aller geltend gemachten Steueraufwendungen darstellen, und daher war es nicht möglich, Daten von vergleichbaren Unternehmen als relevante Instrumente bereitzustellen. Aus diesem Grund hat der Finanzverwalter gesetzmäßig den 80 % der steuerpflichtigen Einnahmen entsprechenden Betrag als Ausgaben anerkannt.

Darüber hinaus führt das Kreisgericht aus, dass daraus nicht folgt, dass das Verfahren gem. § 7 Abs. 7 Buchst. a) des Einkommensteuergesetzes nicht als Steuerbemessungshilfsmittel verwendet werden könne. Die Finanzverwaltung hat daher keinen Fehler begangen, indem sie eine Ausgabenpauschale von 80 % verwendete, da die tatsächlichen Ausgaben nicht zuverlässig ermittelt werden konnten. 

Zum Einwand des Verstoßes gegen die Abgabenordnung betonte das Kreisgericht, dass die Prüfung der Einkommensteuer natürlicher Personen für den Veranlagungszeitraum 2013 mehr als ein Jahr früher eingeleitet worden sei, vor Abschluss der MwSt.-Prüfung mit einem Kontrollbericht.  Zum Zeitpunkt des Beginns der Betriebsprüfung waren keine Tatsachen bekannt, die vernünftigerweise davon ausgehen würden, dass dem Steuersubjekt die Steuer nachbemessen wird. Der Finanzverwaltung lagen zu diesem Zeitpunkt keine ausreichenden Informationen vor, um eine zuverlässige Schlussfolgerung ziehen zu können, wobei sie nur den Umfang und die Richtigkeit der angegebenen Daten überprüft hat. Aus diesen Gründen wird die Einleitung der Steuerprüfung nicht als rechtswidrig betrachtet. 

Bewertung vom Obersten Verwaltungsgericht (NSS)

Das Oberste Verwaltungsgericht (NSS) stimmt dem Spruch des Kreisgerichts zur Festsetzung der Steuer durch eine Ausgabepauschale zu, und ergänzt, dass es gemäß § 98 Abs. 1. und 2. Satz der Abgabenordnung Folgendes gilt: „Kommt ein Steuerpflichtiger einer seiner gesetzlichen Pflichten zum Nachweis der von ihm behaupteten Tatsachen nicht nach und kann infolgedessen die Steuer auf der Grundlage der Beweisführung nicht ermittelt werden, so ermittelt der Steuerverwalter die Steuer nach seinen ihm zur Verfügung stehenden oder von ihm beschafften Mitteln, auch ohne Zusammenarbeit mit dem Steuerpflichtigen“. Das NSS-Gericht hielt daher das Vorgehen des Steuerverwalters nicht für eine grobe Abweichung oder einen grundlegenden Fehler. Der Finanzverwalter hat unzweifelhafte Nachweise zur Ermittlung der Einkünfte herangezogen, und die Möglichkeit eines solchen Verfahrens bei der Steuerermittlung wird gemäß der Abgabenordnung ausdrücklich angenommen. Das Oberste Verwaltungsgericht stützt sich auch auf das erlassene Urteil 4 Afs 108/2018-36 vom 31. 5. 2018, in dem das NSS bereits die Verwendung einer Ausgabepauschale als eines Steuerbemessungsinstruments bestätigt hat. 

Das NSS-Gericht reagiert weiter und schließt sich gleichzeitig den Schlussfolgerungen des Kreisgerichts und der Berufungsfinanzdirektion an, dass mit der Bestimmung § 145 Abs. 2 Abgabenordnung der erwartete Genauigkeitsgrad der Feststellungen und Begründungen des Finanzverwalters vor Beginn der Steuerprüfung der persönlichen Einkommensteuer für den Steuerzeitraum 2013 nicht erreicht wurde. Aus dem Inhalt der Akte ging nicht hervor, dass der Steuerverwalter über hinreichend konkrete Informationen zu den Tatsachen verfügte, die die Annahme rechtfertigten, dass die Steuer von dem Steuerpflichtigen erklärt und vom Steuerverwalter in einer anderen Höhe festgesetzt werden sollte. 
Abschließend ergänzt das Oberste Verwaltungsgericht, dass eine vernünftige Vermutung, die eine Aufforderung zur zusätzlichen Steuererklärung lt. § 145 Abs. 2 der Abgabenordnung zulassen würde, im vorliegenden Fall nicht vorlag, wie das Kreisgericht zutreffend zusammengefasst hat, und aus den oben genannten Gründen weist daher das NSS-Gericht die Kassationsbeschwerde ab. 

Autor: Marek Toráč, Roman Burnus