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| May 4, 2021

Jahresabschluss in der Zeit des Coronavirus

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Mehr als ein Jahr ist seit dem ersten Coronavirus-Fall vergangen, und viele Gesellschaften sind seitdem von den Regierungsmaßnahmen und anderen Restriktionen betroffen. Zur Zeit beenden die Gesellschaften ihre Jahresabschlüsse, oder sie bereiten sich auf die Erstellung der Jahresabschlüsse vor. Obwohl sich die Rechnungslegungsvorschriften nicht geändert haben, sollten die Gesellschaften infolge der Pandemie bei der Erstellung bestimmten Bereichen mehr Aufmerksamkeit schenken. Das Ziel dieses Artikels ist es, Ihnen diese Bereiche näher zu bringen.

Fortführungsprinzip (Going-Concern-Prinzip)

Bei der Erstellung des Jahresabschlusses müssen die Gesellschaften stets beurteilen, ob das Fortführungsprinzip eingehalten wird, das als Fähigkeit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit mindestens in den folgenden 12 Monaten ab dem Bilanzstichtag definiert wird. Unter normalen Umständen ist die Beurteilung nicht so kompliziert, zurzeit könnte es jedoch Ereignisse geben, die die Einhaltung des Fortführungsprinzips bedrohen. Zu diesen Ereignissen gehört zum Beispiel folgendes:

  • Schließung von Betriebsstätten, Tätigkeitsverbot,
  • drastischer Rückgang der Anzahl der Aufträge,
  • Beschränkte Produktionsmittel (Material, Arbeitskräfte, Lieferungen von Subunternehmen, Ware),
  • Überschuldung,
  • Insolvenz infolge der Nichtzahlung der Forderungen durch die Abnehmer,
  • Unfälle, Naturkatastrophen, Umweltkatastrophen,
  • politische Situation, Unruhen, Kriege.

Viele dieser Ereignisse sind 2020 offensichtlich Realität geworden, und daher muss der Beurteilung der Einhaltung des Fortführungsprinzips genug Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Wenn die Geschäftsführung das Fortführungsprinzip als verletzt oder bedroht ansieht, muss die Gesellschaft die bei der Erstellung des Jahresabschlusses verwendeten Methoden entsprechend anpassen und darüber die Leser in der Anlage des Jahresabschlusses entsprechend informieren.

Anlagevermögen

Das Anlagevermögen ist bei vielen Gesellschaften die wichtigste Position der Aktiva. Gleichzeitig wird das Anlagevermögen für einen langen Zeitraum erworben, und die Gesellschaften gehen meistens davon aus, dass sie es vollständig nutzen werden. Die Betriebseinschränkung kann die Abwertung des früher erworbenen Anlagevermögens verursachen. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses muss daher beurteilt werden, ob der buchhalterische Wert (Restwert) der einzelnen Positionen des Anlagevermögens gesunken ist. Der buchhalterische Restwert wird mit dem sog. Nutzungswert verglichen, der meistens als Netto-Geldflüsse definiert wird, die die Gesellschaft bei der Nutzung dieses Vermögens erhält. Ein Wertberichtigungsposten wird dann gebildet, wenn der bei der Inventarisierung festgestellte Nutzungswert niedriger ist als der Buchwert (dabei kann diese Wertminderung nicht als endgültig betrachtet werden). Der Wertberichtigungsposten stellt nur eine vorübergehende Wertminderung des Vermögenswertes dar. Im Zusammenhang mit der Bildung der Wertberichtigungsposten für Anlagevermögen muss die Gesellschaft auch die entsprechende Anpassung des Abschreibungsplans berücksichtigen.

Zum Anlagevermögen gehören nicht nur Gebäude, Maschinen oder Autos, sondern auch Finanzanlagen. Zu diesen Positionen gehören auch Geschäftsanteile, deren Bewertung die Pandemie wesentlich beeinflusst hat. Wenn die Gesellschaft Geschäftsanteile mittels der Äquivalenzmethode bewertet, geht sie wie in den vorigen Jahren vor.  Wenn die Gesellschaft die Anteile mit dem Anschaffungswert bewertet, könnte es wieder einen Grund für den Wertberichtigungsposten geben, und es gelten hier dieselben Regeln (die Notwendigkeit der Überprüfung) wie bei dem Wertberichtigungsposten der Sachanlagen/des immateriellen Anlagevermögens. Gleichzeitig kann es passieren, dass der Wert des Anteils, der mittels der Äquivalenzmethode oder mittels des Wertberichtigungspostens bewertet wird, plötzlich einen Null-Wert haben wird, und die Gesellschaft kann daher einen wesentlichen Rückgang ihres Anlagevermögens und der gesamten Vermögenswerte verzeichnen.

Vorräte

Bei der Erstellung des Jahresabschlusses sollten die Gesellschaften stets beurteilen, ob die erfassten Vorräte (Waren, Erzeugnisse) nicht überbewertet sind. In der Praxis bedeutet dies den Vergleich deren Buchwertes mit dem angenommenen Verkaufspreis, der um die Verkaufskosten gemindert wird. Wenn die Gesellschaft feststellt, dass der Buchwert höher ist, sollte sie Wertberichtigungen bilden und den angenommenen Verlust in den Kosten berücksichtigen. Gleichzeitig kann die aktuelle Lage den Einfluss auf die Änderung der Vorgehensweise der Bildung der Wertberichtigungsposten haben. Viele Gesellschaften bilden die Wertberichtigungen für Vorräte nach dem Kriterium des Zeitraums (d.h. je nach dem, wie schnell die Vorräte verkauft werden), zurzeit muss dieses Kriterium jedoch nicht ausreichend sein. Die Wertberichtigungen können z.B. auch infolge von großen Vorräten gebildet werden, wenn sich die Gesellschaft nicht sicher sein kann, dass sie alle Vorräte verkaufen kann. Es kann auch vorkommen, dass die Gesellschaft eine Abschreibung der Vorräte im größeren Umfang durchführen muss - z.B. bei speziellen Vorräten oder bei Vorräten mit begrenzter Haltbarkeit, die sie nicht mehr verkaufen darf.

Forderungen

Eine Forderung bedeutet den Anspruch auf den künftigen finanziellen Fluss, und daher sollte sie im Jahresabschluss in Höhe des tatsächlich zu erwartenden Geldflusses ausgewiesen werden. In der Buchhaltung werden die Forderungen allgemein mit dem Nennwert, der um den eventuellen Wertberichtigungsposten gemindert wird, bewertet. Die Gesellschaften sollten zur Zeit, wenn sie die wirtschaftliche Lage vieler Gesellschaften verschlechtert hat, dem Bereich der Forderungen genug Aufmerksamkeit schenken. Dies bedeutet nicht nur die Beurteilung der Bildung der Wertberichtigungsposten zum Bilanzstichtag oder die Versendung der Mahnungen bei Forderungen nach der Fälligkeit. Die Gesellschaft kann das Risiko von zweifelhaften oder uneinbringlichen Forderungen mindern, z. B. indem sie die wirtschaftliche Lage der Abnehmer regelmäßig überprüft, die Anzahlungen für ihre Lieferungen erhöht oder Garantien fordert.  Zum Bilanzstichtag muss dann die Analyse der angenommenen Zahlungen der Forderungen vorbereitet werden, und es müssen diejenigen identifiziert werden, bei denen es das Risiko einer teilweisen oder vollständigen Nichtzahlung gibt. Genauso wie im Falle des Wertberichtigungspostens für Vorräte bilden viele Gesellschaften auch die Wertberichtigungsposten für Forderungen auf der Grundlage des zeitlichen Kriteriums, d.h. mittels eines bestimmten Prozentsatzes, der sich nach der Länge des Zeitraums nach der Fälligkeit richtet. Zurzeit sollte die Beurteilung des Bedarfs an Wertberichtigungen eher individuell nach der aktuellen Bonität der einzelnen Abnehmer sein, da oft auch die Forderungen mit einer kurzen Zeit nach Fälligkeit oder auch Forderungen, die noch nicht fällig sind, zweifelhaft werden.

Rückstellungen

Allgemein sind die Rückstellungen zur Deckung der Verbindlichkeiten oder der Kosten bestimmt, deren Art bekannt ist, bei denen zum Bilanzstichtag wahrscheinlich oder sicher ist, dass sie eintreten, der Höhe oder dem Zeitpunkt des Entstehens nach sind jedoch nicht sicher. Im Zusammenhang mit der Pandemie gibt es mehrere Titel, bei denen die Gesellschaften einen Grund für die Bildung von Rückstellungen haben konnten. Zu diesen Gründen gehört z.B. die Entlassung von Arbeitnehmern und die Bildung der Rückstellungen für die Abfindung, der Rücktritt vom Vertrag und die Bildung der Rückstellung für die Vertragsstrafe, ungünstige Verträge und die Bildung der Rückstellung für Verluste oder die Umstrukturierung. Die Rückstellung bzw. die mit der Bildung der Rückstellung zusammenhängenden Kosten werden stets im Zeitraum gebucht, wenn die Entscheidung getroffen wurde oder der potentielle Verlust (Aufwand) erkannt wurde. Die Höhe der Rückstellung sollte nach der besten Schätzung der Kosten, die wahrscheinlich eintreten oder nach dem Betrag der zur Deckung der Verbindlichkeit benötigt wird, gebildet werden.

Staatliche Förderung und die Antivirus-Programme

Manche Zuschüsse der Regierung im Zusammenhang mit Coronavirus stellen im Grunde eine Förderung dar (z.B. Antivirus - Beschäftigungsförderung). Bei vielen Gesellschaften kann es sich um den ersten Fall der Buchung einer Förderung handeln. Dies bringt die Notwendigkeit mit sich, die Situation richtig zu beurteilen und in der Buchhaltung zu erfassen. Die Beurteilung muss natürlich nach der aktuellen Situation durchgeführt werden. Allgemein gilt, dass die Förderprogramme einem Zustimmungsprozess unterliegen und die Gewährung der Förderung unsicher ist, da der Antrag abgelehnt werden kann. Die Förderung sollte erst zum Zeitpunkt gebucht werden, zu dem die Gewährung nicht mehr angezweifelt werden kann, was bei manchen Förderungen der Coronavirus-Programme erst zum Zeitpunkt des Erhalts des Betrags sein kann. Daher kann eine zeitliche Unstimmigkeit der Buchung und des Grundes (z.B. Löhne), für den sie gewährt wurde, entstehen. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses muss daher beurteilt werden, ob und auf welche Weise die Förderung (der Zuschuss) in der Buchhaltung berücksichtigt wird.

Genehmigung und Ausschüttung von Gewinnanteilen

Auf der Grundlage des erstellten Jahresabschlusses beschließt die Gesellschafter-/Hauptversammlung unter anderem auch über die Auseinandersetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses. Zur Befugnis der Gesellschafter-/Hauptversammlung gehört unter anderem auch, über den Anspruch der Gesellschafter/Aktionäre auf die Gewinnanteile zu beschließen.  Über die Auszahlung selbst entscheidet die Gesellschafter-/Hauptversammlung jedoch nicht. Dieser Beschluss gehört zur Befugnis des satzungsmäßigen Organs, das verpflichtet ist, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft vor der Auszahlung zu beurteilen, und dies insbesondere im Hinblick darauf, ob die Auszahlung der Gesellschaft einen Bankrott zufügt. Es kann daher passieren, dass die Gesellschafter-/Hauptversammlung den Anspruch der Gesellschafter auf die Gewinnanteile genehmigt, das satzungsmäßige Organ jedoch entscheidet, dass der Gewinn nicht oder nur zum Teil ausgezahlt wird.

Schlussfolgerung

Wie bereits zu Beginn gesagt, die Rechnungslegungsvorschriften und daher auch die Regeln für die Erstellung des Jahresabschlusses haben sich mit der Pandemie nicht geändert. Die wirtschaftliche Lage vieler Gesellschaften hat sich jedoch wesentlich verändert, und dadurch auch die Risiken, die bei der Erstellung des Jahresabschlusses beurteilt werden müssen und die in der Buchhaltung berücksichtigt werden müssen. Es müssen manche Bereiche des Jahresabschlusses, die früher seitens der Gesellschaften als Routine betrachtet wurden, individuell bearbeitet werden. Wenn Sie im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses Beratung benötigen, z.B. angesichts der Angemessenheit der Methode der Bildung der Werteberichtigungsposten oder wenn Sie sich bei der Beurteilung und bei den Auswirkungen auf das Fortführungsprinzip nicht sicher sind, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.