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Ivan Fučík | January 28, 2013

Ist Buchhaltung wirklich Basis für Festsetzung der Steuerpflicht?

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Nach langjährigen Diskussionen, ob die Buchhaltung als Ausgangsbasis für Festsetzung der Steuergrundlage und damit faktisch für die Steuererhebung dient und dienen soll, sehen wir immer nicht klar? Oder sehen wir eigentlich noch mehr unklar!

Was passierte? Zu dem angeführten Problem äußerte sich das Oberste Verwaltungsgericht (OVG) im Urteil Aktnz. 5Afs 45/2011-95 vom 19.4.2012.

Die bisher allgemein angenommene Ansicht der Staatsverwaltung (der Finanzbehörden) wie auch der Steuerpflichtigen ist oder eher war so, dass die Basis für die Steuerfestsetzung das Wirtschaftsergebnis ist, welches aufgrund der Buchhaltung geführten nach dem Buchführungsgesetz festgesetzt ist. So wurde § 23 Abs. 2 Einkommensteuergesetzes interpretiert, nach welchem die Steuergrundlage die Differenz ist, um welche die Einnahmen (mit Ausnahme der Einkünfte, die Gegenstand der Steuer und der steuerbefreiten Einkünfte nicht sind) die Auslagen (Kosten) übersteigen, und dies bei Beachtung des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs in dem jeweiligen Besteuerungszeitraum, angepasst nach den folgenden Absätzen. Nach Abs. 2 der zitierten Bestimmung wird bei Festsetzung der Steuergrundlage von dem Wirtschaftsergebnis mit Hinweis auf das Buchführungsgesetz ausgegangen.

In der Praxis fungiert es dann so, dass zu dem aus der Buchhaltung festgestellten Wirtschaftsergebnis die Posten zugerechnet werden, die das Einkommensteuergesetz im § 23 als steuerlich unwirksame oder zurechenbare Posten bezeichnet. Das Gesetz nennt diese Kosten stichprobenweise im § 25. Das klassische Beispiel solchen zurechenbaren Aufwands ist z.B. die  „Bewirtung“. Ab der in der Buchhaltung festgestellten Steuergrundlage werden im Gegenteil die Posten abgezogen, die Gegenstand der Steuer nach § 23 nicht sind und sie werden als „abrechenbar“ bezeichnet. Das klassische Beispiel ist ein „Ertrag“ aus Auflösung der Wertberichtigungsposten zu den Forderungen, welche bei ihrer Bildung nicht ein Aufwand waren, welchen man von der Steuergrundlage abziehen darf.

Die Buchhaltung, als hundertjähriges Instrument, dient somit dem Staat, damit er mit ihrer Hilfe imstande ist die Steuergrundlage festzusetzen.

Aus dem Grund, dass der Staat die Steuererhebung unter Kontrolle haben will, wurde bei Einführung der internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) in die tschechische Rechnungslegungslegislative nicht ermöglicht, damit das nach IFRS festgestellte Ergebnis die Basis für die Steuerfestsetzung ist. Deshalb müssen die Subjekte, die nach IFRS buchen, sei es obligatorisch oder freiwillig, weiterhin auch nach den tschechischen nationalen Rechnungslegungsprinzipien buchen. Der Grund ist die Notwendigkeit des Staates die Steuererhebung zu steuern, wovon auch die Notwendigkeit ausgeht die Buchhaltung zu beeinflussen, die die Basis für die Festsetzung der Steuer ist. Wenn es der Gesetzgeber jedoch so wollte, gelang es ihm nicht dieses in das Gesetz einzuschreiben. So ist die Interpretierung des OVG‘s in dem oben angeführten Urteil. Und mit Rücksicht darauf, dass es sich um das Urteil handelt, welches in der Sammlung der Entscheidungen des OVG‘s veröffentlicht wurde, handelt es sich nicht um die Ansicht des Senats, sondern um die Ansicht des OVG‘s.

Über das angeführte Judikat wurden schon in unserem Finanzmanagement einige Artikel geschrieben, trotzdem zur Erinnerung:

Nach  §18 Einkommensteuergesetzes „sind Gegenstand der Steuer die Einkünfte (Erträge) aus sämtlicher Tätigkeit und Behandlung des sämtlichen Vermögens“. Nach OVG‘s laut dem oben zitierten Urteil sind solcher Ertrag nicht die Kursdifferenzen, die bei Umbewertung der Fremdwährungsverbindlichkeiten zum Abschlusstag ausgewiesen wurden. Das OVG bestätigte gerade damit, dass es das angeführte Urteil in der Sammlung seiner Entscheidungen veröffentlichte, dass er zu seiner Entscheidung steht, trotzdem die Generalfinanzdirektion (GFŘ) die Mitteilung erließ, nach welcher die tschechische Steuerverwaltung nach der bisherigen Praxis vorgehen soll und sie betrachtet das angeführte Urteil als „spezifisch“.

Auch weiterhin sollen daher die Steuerpflichtigen nach der Methodik der GFŘ für die Einkünfte alles halten, was als Ertrag in der Buchhaltung nach dem Buchführungsgesetz, der Verordnung und den Rechnungslegungsstandards verbucht ist.

Was ist also richtig? Ist die Buchhaltung von den Steuern getrennt? Wird die Steuergrundlage nach dem Wirtschaftsergebnis festgesetzt, welches die Bilanzeinheit in der Buchhaltung feststellt?

Nach OVG ist es notwendig, bei Antworten auf diese Fragen von den abweichenden Zielen der Buchhaltung und von den Zielen der Steuern auszugehen. Das Ziel der Buchhaltung (der buchhalterischen Berichterstattung) ist es, die Informationen für Zwecke der Kontrolle und Führung zu übermitteln, während das Ziel des Steuersystem ist es, unter anderem, die Erhebung von Steuern. Die Finanz- und Steuerbuchhaltung kann nicht vereinigt werden, denn sie haben abweichende Ziele, die den abweichenden Regeln unterliegen und zu abweichenden Zwecken dienen. Die abweichenden Ziele des Steuersystems und der buchhalterischen Berichterstattung erfordern, dass die einzelnen Regeln nicht zu viel durch die Anforderungen des zweiten von dem System beeinflusst sind. OVG konstatiert daher faktisch, dass die Buchhaltung und Steuern bzw. gewisse steuerliche Evidenz getrennt sein sollen. OVG interpretiert das Einkommensteuergesetz so, dass die Steuern und die Buchhaltung getrennt sind.

Ich sehe das Problem darin, dass der Staat nicht ein anderes vollkommeneres Instrument als die Buchhaltung dafür, damit er die Steuergrundlage festsetzt, hat. Das Einkommensteuergesetz beschreibt in Details die konkreten Vorgänge nicht. Dem Staat bleibt nichts anders übrig als von der Buchhaltung auch weiterhin zu halten und in der Zukunft versucht er wahrscheinlich die Buchhaltung mit den Steuern zurück zusammen zu binden.

Für den Steuerpflichtigen ergibt sich daraus die Unannehmlichkeit, dass er nicht weiss, ob er sich nach dem Recht verhalten soll, welches sich aus der Rechtsprechung des OVG’s ergibt oder ob er sich nach der Meinung der GFŘ, d.h. nach der bisherigen Praxis, verhalten soll.

Wie ich bereits anführte, wir als Steuerberater können wir Sie durch das Geflecht von diesen Meinungen begleiten, die Ziele, Ansichten der Richter, der Steuerverwallter, Regulatoren abklären. Es liegt an dem Steuerpflichtigen, dass er den Vorgang wählt, welcher ihm mehr genügt. Die Problematik der Entscheidung in dieser Sache wird kompliziert sein und auch aus dem Grund, dass die Durchsetzung des Rechtes in der Tschechischen Republik einige Jahre dauert, also nicht immer kann man sich auf diese verlassen.

Wie soll man sich also verhalten?

Wenn ich für mich selbst sprechen kann, klatsche ich der Entscheidung des OVG‘s! Ich bin Vertreter des rechtlichen Vorgangs. Im rechtlichen Staat muss das Recht sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für den Staat gelten, welches das Recht bildet. Ich klatsche auch der Tatsache, dass die GFŘ zum alten eingeführten Vorgang steht. Sie hat keine Wahl, es steht ihr sowieso kein vollkommeneres Instrument zur Festsetzung der Steuergrundlage zur Verfügung. Es bleibt ihm eigentlich nichts anders übrig. Ich klatsche auch der Tatsache, dass sie dieses öffentlich tut, weil wenn sie das so tut, sagt sie, dass solcher Vorgang aus Grund der sog. „Verwaltungspraxis“ ist und kann nicht sanktioniert werden.

Na und der Steuerpflichtige? Dieser kann sich dann wählen, was ihm am meisten genügt.

Das Problem des richtiges Ratschlags besteht zur Zeit darin, dass wenn wir den Steuerpflichtigen beraten, dass er nach dem Recht vorgeht, sollten wir ihn zugleich beraten wie soll man zu dieser Angelegenheit komplex herantreten und nicht nur im Hintergrund des konkreten Falles, welcher Gegenstand des Streites war. Den Vorgang gewisser Steuerbuchhaltung bestimmt nicht einmal das Einkommensteuergesetz.

Wie werden sich also die meisten Steuerpflichtigen verhalten? Wahrscheinlich wie bisher– sie werden sich von der üblich eingeführten Praxis halten, weil dies der sicherste, am besten vorhersagbare, wahrscheinlich in der gegebenen Situation auch der einfachste und in vielen Fällen auch der einzig mögliche Vorgang ist. Wenn es jedoch im konkreten Fall günstig sein wird, ist es legitim, dass der Steuerpflichtige nach der vom Judikat angebotenen Lösung greift.

Ansicht, ob es gut oder nicht gut ist die Buchhaltung von den Steuern abzutrennen? Als Wirtschaftsprüfer muss ich sagen, dass unstreitig ja. Als Steuerberater kann ich sagen „ja“ sehr schwierig, weil der Staat kein anderes besseres System als Buchhaltung zur Verfügung hat, aufgrund welcher er die Steuergrundlage festsetzen würde. Dies wird eine anspruchsvolle legislative Arbeit sein und dies wird bestimmt am Anfang viele begleitende Geburtsschmerzen haben.

Die Buchhaltung ist einige hundert Jahre alt, sie hat viele Kontrollmechanismen, und wenn der Staat versucht die eigene steuerliche Evidenz zu schaffen und er trennt die Buchhaltung völlig von den Steuern ab, wird er eine sehr schwierige Aufgabe haben. Aus diesem Grund setze ich solchen Vorgang auch nicht in nächster Zeit voraus, denn es kommt mir ganz schwer durchführbar und realisierbar vor. Ich glaube jedoch, dass die Urteile ähnlichen Charakters zuwachsen werden, die in der Zukunft Druck auf die Änderung entwickeln können.